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Die Verschreibungspflicht und die Zettelwirtschaft - 10 Online Apotheken im Test

Google Verschreibungspflichtige Suche

Glaubt man der Google Vorschlagsfunktion ist die Nachfrage da: Nutzer suchen nach rezeptpflichtigen Medikamenten ohne Rezept. Die Gründe sind vielfältig, z.B. Medikamentenabhängigkeit, die Suche nach Aufputschmitteln oder einfach auch die Scham, zum Arzt zu gehen.

Einleitung

Das scheinbar passende Angebot ist schnell gefunden. Da braucht ein User kein „Darknet“, unseriöse oder betrügerische internationale Online-Apotheken findet er über Google innerhalb von wenigen Sekunden. Die Verbraucherzentralen warnen immer wieder vor solchen Webseiten, die mit dem Versprechen locken, Medikamente rezeptfrei kaufen zu können. Zu oft werden Medikamente überhaupt nicht geliefert und der Kunde verliert sein Geld (bzw. seine Kreditkartendaten) oder es werden gefälschte Medikamente geliefert, die ein erhebliches Gesundheitsrisiko bergen.

Aber ist es wirklich nötig, sich an eine unseriöse internationale Online-Apotheke zu wenden, um an rezeptpflichtige Medikamente zu gelangen?

Wir stolpern über Foreneinträge, in denen Nutzer behaupten, sie hätten sich einfach Rezeptvordrucke über das Internet bestellt und problemlos darüber Medikamente erhalten. Genauer gesagt: Privatrezepte. Bei Privatrezepten gibt es bzgl. der Art des Formulars keine Vorschrift, ein Privatrezept kann vom Arzt im Prinzip auch auf einem weißen Zettel ausgestellt werden.

Aber ist es wirklich so einfach oder sind es einfach bloße Behauptungen von Forenusern? Wir machen den Test.

Das Test-Setup

  • Es gibt zwar, wie oben beschrieben, keine Formvorschriften für ein physisches Formular, unsere Testperson möchte aber den äußeren Schein wahren und bestellt über einen Online-Shop Vordrucke für Privatrezepte. 500 Stück für insgesamt 15,75€ inklusive Versandkosten. Für weitere 14,65€ bekommt sie einen Stempel von einer Online-Druckerei für die „Arztpraxis ihrer Wahl“ geliefert. Der Name des Arztes ist frei erfunden, im Internet ist keine Information zu diesem Arzt verfügbar. Eine Telefonnummer, die laut Verordnung über die Verschreibungspflicht von Arzneimitteln auf einer Verschreibung enthalten sein muss und dem Apotheker in der Regel eine Kontaktaufnahme mit dem Arzt bei Rückfragen erleichtern soll, enthält der Stempel nicht. Wenn im Bestellprozess erforderlich, gibt die Testperson bei der Bestellung eine erfundene Mobilfunknummer an.
  • Die Testperson recherchiert 10 rezeptpflichtige Medikamente: Viagra, Dolomagon, Deltaran, Losartan, Lorazepam, Vigil, Modafinil, Fluoxetin, Gabapentin und Hydrocortison.
  • Für diese Medikamente erstellt unsere Testperson Rezepte selber und füllt diese handschriftlich aus: mit erfundenen Namen bzw. Daten über den Patienten. Bei einer ersten Testbestellung (pharmeo.de) wählt sie noch einen echten Namen mit einem Zahlendreher in der Versichertennummer, bei den weiteren 9 Bestellungen sind alle Daten frei erfunden. Bei der Testbestellung ist die Adresse frei erfunden, das Paket wird an einen gewählten Paketshop geliefert. Bei den anderen Bestellungen entspricht die Adresse des erfundenen Patienten der des erfundenen Arztes.
  • Die Auswahl der Online-Apotheken erfolgt zufällig. Über (Preis-) suchmaschinen wird nach Apotheken gesucht, die die oben genannten Medikamente liefern.
  • Insgesamt bestellt die Testperson 10 verschiedene rezeptpflichtige Medikamente bei 10 Versandapotheken.

Im Anschluss an den Test wurden die Medikamente von uns bei einer lokalen Apotheke zur Entsorgung zurückgegeben.

Die Testkandidaten

  • allarznei.de
  • apomagic.de
  • berlindaversandapotheke.de
  • docmorris.de
  • eurapon.de
  • medipolis.de
  • medpex.de
  • pharmeo.de
  • schyrenapo-shop.de
  • vitalix24.com

Das Testergebnis - Zusammenfassung

Modafinil

  • 8 Online-Apotheken haben unsere Testperson mit einem der folgenden rezeptpflichtigen Medikamenten beliefert: Viagra, Dolomagon, Deltaran, Lorazepam, Vigil, Fluoxetin, Gabapentin, Hydrocortison.
  • Dabei konnte die Testperson bei 3 Online-Apotheken mit dem erfundenen Kundennamen sogar auf Rechnung bestellen.
  • 2 Online-Apotheken haben die Testperson nicht beliefert:
  • vitalix24.com hat unserer Testperson mitgeteilt, dass der bestellte Artikel nicht lieferbar sei und deshalb die Bestellung storniert wurde. Nach der Bitte um Rücksendung des Rezeptes wurde ihr dann der eigentliche Grund für die Stornierung erklärt: man habe den behandelnden Arzt über das Ärzteverzeichnis nicht gefunden, keine Telefonnummer finden können und auch keinen Arzt unter der genannten Adresse recherchieren können, man zweifele an der Echtheit des Rezeptes. Hier wurde der Test bei dieser Versandapotheke von der Testperson abgebrochen.
  • apomagic.de hat nachgefragt, ob es richtig sei, dass die Testperson die gleiche Adresse wie der behandelnde Arzt habe und um Ergänzung der Telefonnummer gebeten. Auch nach Rückfrage hat apomagic.de auf einer Telefonnummer des Arztes bestanden. Diese Telefonnummer wurde von der Testperson nicht geschickt, hier wurde der Test bei dieser Versandapotheke ebenfalls abgebrochen.

Fazit

Nur 2 von 10 Online-Apotheken haben das eingeschickte Rezept so eingehend geprüft, dass die eingebauten Ungereimtheiten (Rezept wurde handschriftlich ausgefüllt, Telefonnummer des behandelnden Arztes fehlte, Name des Arztes war frei erfunden, Adresse des Patienten und des Arztes waren identisch, im Bestellvorgang wurde eine erfundene Telefonnummer angegeben) aufgefallen sind. Kunden würden sich natürlich strafbar machen, wenn sie Rezepte fälschen würden, um sich Medikamente auf diesem Wege zu besorgen. Beim gegenwärtigen System wäre die Aufdeckungswahrscheinlichkeit bisher aber augenscheinlich gering. Insbesondere, wenn auf Rechnung geliefert wird, ohne die Identität des Kunden zu prüfen. Und im Zweifel könnten so auch Minderjährige sehr leicht an verschreibungspflichtige Medikamente gelangen.

Wir hoffen, dass unser Test dazu beiträgt, dass Rezepte noch eingehender geprüft werden. Empfehlen aber vor allem, dass die Regeln für Privatrezepte vom Gesetzgeber überdacht werden.

Denn die hohe Verfügbarkeit für rezeptpflichtige Medikamente liegt unserem Erachten nach an den fehlenden Formvorschriften, die die Apotheken im Zweifel in die Rolle eines privaten Ermittlers drängen. Das gilt für lokale Apotheken genauso wie für Versandapotheken. Mit nur wenig Aufwand wäre es möglich gewesen, eine einfache Webseite für eine fiktive Arztpraxis aufzusetzen. Ebenso hätte unsere Testperson auch einen echten Arztnamen wählen können und lediglich für etwaige Rückfragen die Telefonnummer auswechseln können. Oder einfach die echten Kontaktdaten eine echten Arztes verwenden können.

Denn der bislang einzig sichere Weg für eine Apotheke zur Verifizierung eines Privatrezeptes wäre, in jedem Einzelfall die Praxis in einem Ärzteverzeichnis zu recherchieren und die Praxis zu kontaktieren, ob sie dieses Rezept ausgestellt hat. Ob den Apotheken und Arztpraxen dieser Mehraufwand an Anfragen bei potentiell jeder Bestellung zugemutet werden kann, ist mehr als fraglich. Insbesondere, wenn Apotheken auch Rezepte aus dem EU-Ausland annehmen sollen. Soll der Apotheker bei Ärzten in Spanien, Portugal, Ungarn, Griechenland oder weiteren 24 Mitgliedsstaaten anrufen und ggf. verpflichtet sein, in der jeweiligen Landessprache kommunizieren zu können? Die einfachste und schnellste Lösung wäre z.B. eine Pflicht für Ärzte, nur noch ein bestimmtes, einheitliches Formular zu verwenden, das auch lediglich von Ärzten bezogen werden kann. Dann könnte nicht jeder Kunde mit ganz einfachen Mitteln die Rezeptpflicht aushebeln. Mit wenig technischem Mehraufwand wären auch ohne verbindliches E-Rezept und ohne Datenschutzproblematik physische Rezepte zukunftsfähig: mit einem TAN-System für Rezepte, mit dem jedes Rezept fälschungssicherer gemacht werden kann, durch Aufdruck oder durch handschriftliche Ergänzung eines Arztes. Das gleichermaßen auch für Ärzte aus dem EU-Ausland gelten müsste, sollten Rezepte auch in Deutschland gelten. Eine schnelle Lösung ist auf jeden Fall erforderlich, denn im Jahre 2016, in einer oft grenzenlosen EU, ist eine Zettelwirtschaft weder sicher, noch zeitgemäß, sondern sehr bedenklich. Für den Gesetzgeber besteht Handlungsbedarf.

Reaktionen der Versandapotheken

Im Anschluss an den Test haben wir die Versandapotheken um einen Kommentar gebeten. Folgende Apotheken haben sich bereit erklärt, sich kurzfristig schriftlich zu äußern.

Gerade im Bereich Internet-Apotheke ist eine genaue Prüfung der ärztlichen Verschreibungen unerlässlich. Versuche, mitttels gefälschter Rezepte verschreibungspflichtige Arzneimittel, auch Psychopharmaka oder Schlafmittel, zu bestellen, sind leider nicht selten. Leider ist nicht auszuschließen, dass einzelne Versandapotheken hier nachlässig arbeiten. Dabei mögen sich widersprechende Interessen eine Rolle spielen. Der Gesetzgeber muss überlegen, ob ein Versand verschreibungspflichtiger Arzneimittel in dieser Form gewollt und sinnvoll ist.

Burkhard H.C.M. Kerstiens e.K. - apomagic.de

Privatrezepte unterliegen nicht denselben strengen Formalien, die bei Rezepten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) auferlegt werden.

GKV-Rezepte sind in den letzten Jahren zu regelrechten Bürokratie-Monstern mutiert; bei Privatrezepten herrscht im Vergleich dazu fast ein rechtsfreier Raum. Hier ist Missbrauch in der Tat nicht ausgeschlossen.

In einer Zeit, in der Rezeptformulare und Arztstempel anonym über das Internet bestellt werden können, muss man das Privatrezept in seiner jetzigen Form als verbesserungswürdig bezeichnen. Das gilt in besonderem Maße, wenn man sich die ausufernden übrigen Formalien zur Arzneimittelsicherheit vor Augen hält. Das passt nicht zusammen.

Es ist einer Apotheke im alltäglichen Geschäft nicht möglich, alle Privatrezepte auf ihre Herkunft zu prüfen. Selbst eine auf dem Rezept aufgedruckte Telefon-Nummer stellt keine absolute Sicherheit dar, da dies die Erreichbarkeit einer Arztpraxis nicht garantiert bzw Missbrauch dennoch nicht ausgeschlossen werden kann. Solche detektivischen Leistungen können von Apotheken im Alltag nicht abverlangt werden.

Dr. Bettina Kira Habicht - Apothekerin/Inhaberin, EU-Berlinda-Versandapotheke an der Priormühle e.K. - berlindaversandapotheke.de

Wir nehmen Ihre Absicht und die Umsetzung, ein gefälschtes Rezept bei uns einzureichen zur Kenntnis. Es ist bedauerlich, dass diese Art von Dokumentenfälschungen heute immer noch möglich sind. Wie soll eine Apotheke – egal ob Präsenz oder Versand-Apotheke – blitzschnell ohne entsprechend vorhandene, zentrale Datenbanken z.B. aller verschreibungsberechtigten Personen in Deutschland vermeintlich „richtige“ Angaben prüfen können? Im Übrigen endet die Rezeptprüfpflicht ja nicht beim Pharmazeuten, sondern bei den Kostenträgern. Insgesamt lässt sich nur mit einer digitalen Verschreibung Missbrauch in dem Umfang (ca. 600 Mio. Papierrezepte in Deutschland pro Jahr!) gegen Null reduzieren. Daher ist das „Ergebnis“ Ihres Tests im Grunde nur ein Beleg für die Dringlichkeit der raschen Umsetzung des elektronischen Rezepts, um solchen Manipulationen ein konsequentes und rasches Ende zu setzen.

Kubilay Talu - eurapon.de

Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir aus Sicherheitsgründen keine weiteren Angaben zu den Details unserer Rezeptprüfung machen möchten. Im Übrigen sind wir der Meinung, dass gerade die schriftliche Form der Verschreibung ohne gesonderte Sicherheitsmerkmale die einfache Verschreibung in Notfällen ermöglicht. Insofern könnte die Forderung nach speziellen Sicherheitsmerkmalen die Versorgung erschweren.

H.-J. Kruchten und Dr. P. Kruchten - vitalix24.com

Wir können natürlich aufgrund Ihrer bisherigen Angaben zu den offenbar gefälschten Rezepten den Vorgang nicht nachvollziehen. Grundsätzlich überprüfen wir die Plausibilität der Rezepte nach einem Qualitätsmanagementsystem, was behördlicherseits ständig überprüft wird. Das schließt insbesondere aus, dass falsche oder gefälschte Verordnungen ausgeführt werden. Wie Sie Rezepte derart fälschen konnten, dass sie nicht als Fälschungen erkennbar waren, sollte, wenn dies zutrifft, einer Klärung durch die zuständigen Behörden zugeführt werden.

Dr. Christian Wegner – Inhaber - medipolis.de

In Ihrer Mail geben Sie an, ein gefälschtes Rezept in meiner Apotheke zur Belieferung eingereicht zu haben.

Es ist sicherlich bedauerlich, dass dies in Deutschland durchaus möglich ist. Aktuell existieren keine Datenbanken, über die die Verifizierung eines Rezeptes in sehr kurzer Zeit vorgenommen werden könnte. Dies wird zusätzlich dadurch erschwert, dass in Deutschland alle Rezepte aus der Europäischen Union gültig sind. Daher ist der Apotheke die Prüfung, ob es sich um ein Original oder eine Fälschung handelt, mit vertretbarem Aufwand schlichtweg nicht möglich. Dies gilt sowohl für die Versandapotheke, als auch für die stationäre Apotheke. Trotzdem werden von uns immer wieder Fälschungen erkannt und die Belieferung verweigert.

Die einzige Möglichkeit, wenigstens deutsche Rezepte sicher zu verifizieren, sehe ich in der Einführung eines elektronischen Rezeptes. Ihr Test ist somit ein weiterer Beleg dafür, dass dieses Vorhaben kurzfristig umgesetzt werden muss.

An dieser Stelle sei noch erwähnt, dass es sich bei der Fälschung eines Rezeptes selbstverständlich um eine Urkundenfälschung handelt. Diese wird von den Behörden in jedem Einzelfall verfolgt und ist mit empfindlichen Strafen belegt.

Dr. Matthias Oehlmann - Inhaber - pharmeo.de

Der digitale Wandel wird gerne beschworen und auch das Thema Sicherheit für Patient und Gesundheitsanbieter ist ein immer wieder kehrendes Thema. Aber trotz aller Innovationen und technischer Hilfsmittel dient in Deutschland immer noch bedrucktes Papier ohne Sicherheitsmerkmale als Grundlage für Verordnungen von Arzneimitteln und Medikationsplan. Während heute sogar der Personalausweis über eine digitale Signatur verfügt, sind Rezepte nach wie vor aus Papier. Ein eHealth-Gesetz allein ist daher nicht ausreichend, sondern alle Beteiligten im Gesundheitswesen benötigen zwingend auch praktische Anwendungen wie das eRezept, die elektronische Patientenakte oder eine zentrale Arzt Datenbank, wie in den Niederlanden üblich, über die digital der Arzt verifiziert werden kann. Mehr Sicherheit, mehr Transparenz und mehr Effizienz für ein Gesundheitssystem, das in die individuelle Gesundheit investieren sollte und weniger in altertümliche Bürokratie. Im europäischen Ausland gibt es  eine Vielzahl an erfolgreichen, patientenfreundlichen und sicheren digitalen Lösungen.

Torben Bonnke, Head of Communication & PR der Versandapotheke DocMorris - docmorris.de

Reaktionen aus der Politik

Nach Veröffentlichung des Testes haben wir den Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe und die Gesundheitsminister/innen der Länder um jeweils einen Kommentar zu den Testergebnissen gebeten. Das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie bzw. Ministerin Heike Werner und die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz Hamburg, bzw. Senatorin Cornelia Prüfer-Storcks wollten sich nicht äußern, Kommentare anderer Minister/innen bzw. Senator/innen stehen u.a. wegen Urlaub noch aus.

Ebenfalls nicht äußern wollte sich die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA), die wir ebenfalls um eine Stellungnahme gebeten haben.

Das Bundesgesundheitsministerium hat in seinem Kommentar zu den Testergebnissen klargestellt, dass auch Privatrezepte eine Telefonnummer des Arztes enthalten müssen, andernfalls dürfe eine Apotheke die Medikamente nicht abgeben. Zudem erklärte der Sprecher, man werde die Testergebnisse „als Anlass nehmen die Einführung eines einheitlichen Formblattes für Privatrezepte erneut zu prüfen“. E-Rezept oder andere Sicherheitsmerkmale wurden vom Sprecher nicht erwähnt.

Niedersachsens Sozial- und Gesundheitsministerin Cornelia Rundt (SPD) und NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) fordern ein Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Medikamenten.

Petra Grimm-Benne, Ministerin für Arbeit, Soziales und Integration des Landes Sachsen-Anhalt nennt die Ergebnisse „nicht akzeptabel“, hält die bestehenden gesetzlichen Regeln aber für ausreichend. „Es ist Aufgabe der Überwachungsbehörden, dafür zu sorgen, dass sie eingehalten werden“.

Ähnlich äußert sich der Sprecher des Ministeriums für Arbeit, Gleichstellung und Soziales Mecklenburg-Vorpommern: „Es ist nicht akzeptabel, dass Rezepte von Apotheken beliefert werden, bei denen diese Angaben ungeklärt sind.“ Gleichzeitig merkt er aber auch ebenfalls an: „Die vorhandenen gesetzlichen Regelungen sind ausreichend.“

Alle Stellungnahmen:

Auch Privatrezepte müssen den Anforderungen der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) entsprechen. Gemäß § 2 Absatz 1 Nr. 1 AMVV muss eine Verschreibung bspw. Name, Vorname, Berufsbezeichnung und Anschrift der Praxis der verschreibenden Person einschließlich einer Telefonnummer zur Kontaktaufnahme enthalten. Fehlt eine dieser Angaben oder eine der weiteren Pflichtangaben des § 2 Absatz 1 AMVV, darf das verschriebene Arzneimittel nicht abgegeben werden. Ein etwaiger Verstoß gegen diese Verpflichtung kann als Ordnungswidrigkeit oder als Straftat verfolgt werden.

Wird eine Verschreibung aus den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, den Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz eingelöst, muss diese ebenfalls die Pflichtangaben des § 2 Absatz 1 AMVV enthalten.

Die Vorschriften zu Pflichtangaben auf Verschreibungen sind sowohl für die verschreibenden Personen als auch für das abgebende pharmazeutische Personal maßgeblich. Darüber hinaus normiert die Apothekenbetriebsordnung Prüfverpflichtungen, die bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu beachten sind. Insoweit sei hier auf die Antwort der Anfrage vom 1. August 2016 verwiesen.

Das BMG wird die berichteten Vorkommnisse zum Anlass nehmen, die Einführung eines einheitlichen Formblattes für Privatrezepte erneut zu prüfen.

Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums

Die Sicherheit der Verschreibungspflicht ist laut Gesetzeslage auch mit Blick auf den Internethandel gewährleistet, da die bundesgesetzlichen Vorschriften zur Verschreibung von Arzneimitteln auch für Apotheken gelten, die eine Versandhandelserlaubnis haben.

Niedersachsens Sozial- und Gesundheitsministerin Cornelia Rundt weist alle Beteiligten darauf hin: „Nach der Arzneimittelverschreibungsverordnung dürfen verschreibungspflichtige Arzneimittel nur abgegeben werden, wenn die danach vorgegebenen Angaben auch im ausgestellten Rezept enthalten sind, dazu zählt z.B. auch die Telefonnummer des verschreibenden Arztes – und das gilt ausdrücklich auch für Apotheken, die eine Versandhandelserlaubnis haben.“

Die Arzneimittelverschreibungsverordnung gilt sowohl für das Ausstellen von Kassen- wie auch von Privatrezepten. Aus abrechnungstechnischen Gründen geben die gesetzlichen Krankenkassen nach der Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) ein Formblatt vor. Die Entscheidung, ob Formblätter zur Abrechnung von Privatrezepten verwendet werden müssen, liegt in der Hand der jeweiligen Kostenträger.

Nun sollte zunächst das Ergebnis des angesprochenen EuGH-Verfahrens abgewartet werden, bevor über weitere Schritte diskutiert wird.

Ministerin Cornelia Rundt erklärt: „Der Versandhandel mit Medikamenten birgt tatsächlich Risiken, deshalb sollten verschreibungspflichtige Arzneimittel nicht mehr über das Internet verkauft werden dürfen. Die Bundesländer sind schon mit einer entsprechenden Forderung aktiv geworden, und der Bund muss das jetzt endlich mal umsetzen.“ Die Fachgremien der Länder weisen schon seit längerer Zeit auf die Risiken des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln hin und haben dazu mehrere Bundesratsinitiativen initiiert. Mit Bundesratsbeschluss vom 30.03.2012 (BR-Drs.: 91/12, Auszug s. Anlage) bitten die Länder im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zur Änderung des Arzneimittelgesetzes um die Einschränkung des Versandhandels auf nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel und damit Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Dieses Ansinnen wurde bisher von der Bundesregierung aus EU- und wirtschaftspolitischen Gründen abgelehnt.

Ein Sprecher des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung

Die uneingeschränkte Zulassung des Versandhandels mit Arzneimitteln hat zu einer Verminderung der Patientensicherheit geführt. Arzneimittel sind Waren besonderer Art. Insbesondere verschreibungspflichtige Arzneimittel haben hohe Anwendungsrisiken und können auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch die Gesundheit gefährden. Auch der Europäische Gerichtshof sieht ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln aus Gründen des Schutzes der Gesundheit der Bevölkerung als zulässig an.

Der Testbericht zeigt erneut auf, dass ein Umgehen der gesetzlichen Vorschriften zur Verschreibungspflicht durch den Versandhandel erleichtert wird. Alle Vorhaben, den Schutz von Patientinnen und Patienten beim Kauf von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln im Versandhandel zu gewährleisten, haben die Unsicherheiten nicht beseitigen können. Deshalb trete ich weiterhin dafür ein, den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu verbieten.

Barbara Steffens (Grüne), NRW-Gesundheitsministerin

Sämtliche Verschreibungen müssen den Vorgaben der Arzneimittelverschreibungsverordnung entsprechen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Gesetzliche, die Private Krankenversicherung oder der Patient selbst die Kosten des Arzneimittels trägt. Der Apotheker hat in jedem Fall die Prüfpflicht, auch die formalen Anforderungen an eine Verschreibung zu verifizieren - dazu gehören Name, Berufsbezeichnung und Anschrift der verschreibenden Person einschließlich der Telefonnummer zur Kontaktaufnahme. Es ist mit Blick auf den Gesundheitsschutz nicht akzeptabel, dass Rezepte von Apotheken beliefert werden, bei denen Angaben fehlen.

Das Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration unterstützt in der gerade anstehenden Novellierung der Arzneimittelverschreibungsverordnung die Vorschläge der Bundesregierung. Das Schutzniveau bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel muss unverändert hoch bleiben. Dazu gehört die Verpflichtung des Apothekenleiters, dass eine Verschreibung bei erkennbarem Irrtum oder Bedenken nicht beliefert werden darf, bis alle Unklarheiten beseitigt werden (vgl. § 17 Abs. 5 ApBetrO).

Die vorhandenen gesetzlichen Regelungen sind ausreichend. Es ist Aufgabe der Überwachungsbehörden, dafür zu sorgen, dass sie eingehalten werden. In Gesprächen zwischen dem Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration sowie dem Landesverwaltungsamt und der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt wird der von Ihnen angesprochene Test ausgewertet und es werden Schlussfolgerungen für eine intensivierte Überwachung besprochen werden.

Unabhängig vom Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Preisbindung verschreibungspflichtiger Arzneimittel werden die regulatorischen Vorgaben im Arzneimittel- und Apothekenrecht regelmäßig drauf geprüft, ob das Schutzniveau für den Bürger ausreichend ist oder ob es angepasst werden muss.

Petra Grimm-Benne, Ministerin für Arbeit, Soziales und Integration des Landes Sachsen-Anhalt

Die Angaben auf einem Rezept richten sich nach der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV). Diese gilt unabhängig von der Kostenerstattung durch die Krankenversicherung. Die Vorgaben darin sind deshalb für Privatrezepte und Rezepte zu Lasten von Krankenkassen oder anderen Kostenträgern dieselben. Angegeben sein müssen nach § 2 AMVV:

  1. Name, Vorname, Berufsbezeichnung und Anschrift der Praxis oder der Klinik der verschreibenden ärztlichen, tierärztlichen oder zahnärztlichen Person (verschreibende Person) einschließlich einer Telefonnummer zur Kontaktaufnahme,
  2. Datum der Ausfertigung,
  3. Name und Geburtsdatum der Person, für die das Arzneimittel bestimmt ist
  4. Bezeichnung des Fertigarzneimittels oder des Wirkstoffes einschließlich der Stärke,

    4a. bei einem Arzneimittel, das in der Apotheke hergestellt werden soll, die Zusammensetzung nach Art und Menge oder die Bezeichnung des Fertigarzneimittels, von dem Teilmengen abgegeben werden sollen,
  5. Darreichungsform, sofern dazu die Bezeichnung nach Nummer 4 oder Nummer 4a nicht eindeutig ist,
  6. abzugebende Menge des verschriebenen Arzneimittels,
  7. Gebrauchsanweisung bei Arzneimitteln, die in der Apotheke hergestellt werden sollen,
  8. Gültigkeitsdauer der Verschreibung,
  9. […]
  10. die eigenhändige Unterschrift der verschreibenden Person oder, bei Verschreibungen in elektronischer Form, deren qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz.

Die verwendeten Formulare für Kassenrezepte dienen dabei nicht der Fälschungssicherheit, sondern der Abrechnung mit der Krankenkasse oder dem Kostenträger. Auch für private Rezepte stehen innerhalb Deutschlands grüne Rezeptformulare zur Verfügung.

Den aus Deutschland stammenden Verschreibungen sind solche aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, aus den Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und aus der Schweiz gleichgestellt.

Die Verwendung von vorgenannten Formularen für Privatrezepte oder ausländische Rezepte allein in Deutschland zu verlangen, wäre jedoch mit der Richtlinie 2011/24/EU über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung und der Durchführungsrichtlinie 2012/52/EU mit Maßnahmen zur Erleichterung der Anerkennung von in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten ärztlichen Verschreibungen nicht vereinbar. Diese EU-Vorgaben wurden mit der Verordnung zur Umsetzung der Regelungen der Europäischen Union über die Anerkennung von in anderen Mitgliedstaaten ausgestellten ärztlichen oder zahnärztlichen Verschreibungen von Arzneimitteln und Medizinprodukten in deutsches Recht umgesetzt. Die Befürchtungen, dass mangelnde Sprachkenntnisse bei Rezepten aus dem Ausland erschwerend wären, werden nicht geteilt. Die vorgenannten Angaben zu Wirkstoff (international), Präparatename, Dosierung, Namens- und Adressangaben sind u. E. ohne entsprechende Fremdsprachenkenntnisse lesbar.

Die beschriebenen Rezepte ohne Telefonnummer hätten den o. g. Vorgaben der AMVV nicht entsprochen. Die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) sieht vor, bei begründetem Verdacht auf Missbrauch die Abgabe von Arzneimitteln zu verweigern. Somit haben die im Zeitungsartikel beschriebenen Apotheker richtig gehandelt, die auch auf Nachfrage die erforderlichen Angaben auf dem Rezept nicht feststellen konnten.

Die Möglichkeit in Apotheken, in jedem Fall die Identität des verschreibenden Arztes anhand der Rezeptangaben zu überprüfen und etwaige falsche Angaben zu erkennen, besteht jedoch weder bei Privatrezepten noch bei Kassenrezepten. Hier sehen wir keine Unterschiede zwischen Vorortapotheken und Versandapotheken.

Eine Sprecherin des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz, Sachsen.

Verschreibungen müssen in jedem Fall den Vorgaben der Arzneimittelverschreibungsverordnung entsprechen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Gesetzliche, die Private Krankenversicherung oder der Patient selbst die Kosten des Arzneimittels trägt.

Apotheken – unabhängig davon, ob es die Apotheke vor Ort oder eine angegliederte Versandapotheke ist - haben in jedem Fall die Prüfpflicht, auch die formalen Anforderungen an eine Verschreibung zu verifizieren, dazu zählen: Name, Berufsbezeichnung und Anschrift der verschreibenden Person einschließlich der Telefonnummer zur Kontaktaufnahme.

Es ist nicht akzeptabel, dass Rezepte von Apotheken beliefert werden, bei denen diese Angaben ungeklärt sind.

Das Schutzniveau bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel muss unverändert hoch bleiben. Für das Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales steht deshalb die Verpflichtung des Apothekenleiters gemäß Apothekenbetriebsordnung, nach der eine Verschreibung bei erkennbarem Irrtum oder Bedenken nicht beliefert werden darf, bis alle Unklarheiten beseitigt werden, außer Frage.

Die vorhandenen gesetzlichen Regelungen sind ausreichend. Es ist Aufgabe der Überwachungsbehörden z.B. im Rahmen der Überprüfung der Qualitätssysteme in den Apotheken dafür zu sorgen, dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden.

Die regulatorischen Vorgaben im Arzneimittel- und Apothekenrecht werden regelmäßig dahingehend geprüft, ob das Schutzniveau für den Bürger ausreichend ist oder ggf. angepasst werden muss.

Ein Sprecher des Ministeriums für Arbeit, Gleichstellung und Soziales Mecklenburg-Vorpommern

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die bestehenden Anforderungen an Form und Inhalt von Arzneimittelverordnungen gleichermaßen für GKV-Rezepte und Privatrezepte gelten. Verschreibungen müssen in jedem Fall den Vorgaben der Arzneimittelverschreibungsverordnung entsprechen. Auch wird nicht unterschieden, ob die Verschreibung in einer öffentlichen Präsenzapotheke oder durch eine Versandapotheke (hinter der immer eine öffentliche Apotheke steht) beliefert wird. Die Verschreibungsverordnung wurde erst kürzlich verschärft. So muss auch die Telefonnummer des Arztes auf dem Rezept für Rückfragen vermerkt sein. Für risikoträchtige Produkte, wie Thalidomid-haltige Arzneimittel, Arzneimittel zum Schwangerschaftsabbruch oder Betäubungsmittel, sind Sonderregelungen vorgeschrieben, die eine stärkere Kontrolle und Rückverfolgbarkeit beinhalten.

Wie in anderen Lebensbereichen auch, schützen gesetzliche Vorschriften nicht gänzlich vor Missbrauch und Täuschung. Sowohl die praktizierenden Heilberufsangehörigen wie die zuständigen Überwachungsbehörden sind aufgefordert, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um Missbrauch und Täuschung wirksam zu unterbinden. Das heißt zum Beispiel, dass alle Apotheken ihrer Prüfpflicht nachkommen müssen und keine Rezepte beliefern dürfen, bei denen Zweifel an der Authentizität und Plausibilität bestehen. Die dazu erforderlichen gesetzlichen Regelungen und Ermächtigungen sind ausreichend vorhanden, müssen aber auch konsequent angewandt werden.

Ministerium für Soziales, Gesundheit, Wissenschaft und Gleichstellung des Landes Schleswig-Holstein

15.08.2016 Daniel Brückner